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«Wenn Worte nichts bewegen»

Zihlschlacht/TG. Pfarrer Andreas Baumann, evangelischer Spitalseelsorger in der Humaine Klinik Zihlschlacht, wird am 1. September pensioniert. Pfarrer Achim Menges tritt nahtlos die Nachfolge an.

«Mir ist, als hätte ich einen sauber geputzten Lastwagen mit Anhänger rückwärts in die Garage eingeparkt und den Zündschlüssel stecken gelassen.» Mit diesem Bild beschreibt Pfarrer Andreas Baumann sein Ausscheiden aus dem Seelsorgeteam der Humaine Klinik in Zihlschlacht. Nach 39 Jahren seelsorgerlicher Tätigkeit, zuletzt acht Jahre als evangelischer Klinikseelsorger in der Reha-Klinik, wird Baumann auf Ende August pensioniert. Er war Mitte der 90-er Jahre selbst massgeblich am Aufbau der Klinikseelsorge für hirnverletzte Menschen in der Zihlschlachter Reha-Klinik beteiligt und blickt mit Freude und Dankbarkeit auf eine reiche Zeit zurück.

Seelsorger auf allen Ebenen

Oberstes Gebot war für Baumann, mit Patienten sensibel und respektvoll umzugehen, besonders wenn Emotionen angesichts der unsicheren Zukunft zwischen Hoffen und Bangen ungeschützt offen liegen: „Im Augenblick der Begegnung muss ich mein Gegenüber mit allen Sinnen wahrnehmen, besonders wenn Sprache nichts bewegen kann -sei es aufgrund der Behinderung oder weil es einfach keine passenden Worte gibt.“ In solchen Situationen half ihm oft stiller Augenkontakt oder Händehalten, manchmal öffneten auch sein Gitarrenspiel oder ein Lachen den Zugang zum Patienten. Pfarrer, Clown, Animator, Musiker oder Betender, Baumann setzte all seine Ressourcen ein um Patienten zu helfen, ihre unzähligen Fragen, so zu stellen, dass Trost und Hoffnung möglich sind, dass die Fragen dazu verhelfen, ein Licht am Horizont zu erblicken. Seine seelsorgerliche Begleitung nahmen auch Bedienstete und Angehörige an.

Wichtige Zusammenarbeit

Baumann arbeitete eng mit der katholischen Krankenhausseelsorgerin Susanne Kohlbrenner zusammen. „Wir haben nie konfessionell gearbeitet, manche reden lieber mit einem Mann, andere mit einer Frau“, so Baumann. Seine Erfahrung aus der Arbeitswelt in der Industrie öffnete ihm manchen Zugang zu Patienten aus Bau- und Handwerksbereich. Daher rührt wohl auch Baumanns hemdsärmeliger Vergleich mit dem Lastwagen. Das kostbare Gut sind die Patienten mit ihrer schweren Last, die der Seelsorger mit umsichtigem Manövrieren auf
ihrem Weg begleitet. Das interdisziplinäre Zusammenwirken zwischen Pflege, fachärztlicher Behandlung, verschiedenen Therapien und Sozialdienst der Pro Infirmis Amriswil setzen das Vorwärtskommen in Gang. Damit Patienten in den Genuss verschiedener Aktivitäten oder Veranstaltungen kommen können, braucht es den Anhänger, er setzt sich aus dem Freiwilligenteam zusammen. Ohne ehrenamtliches Engagement wäre vielen Patienten aus Kapazitätsgründen die Teilnahme daran verwehrt und manches wie das allabendliche
Adventsprogramm könnte gar nicht stattfinden. Das Freiwilligenteam begleitet jeden Sonntag in der Reha-Klinik 20 bis 35 Patienten zum ökumenischen Gottesdienst.

Keine Langeweile

Den Zündschlüssel kann Baumann getrost steckenlassen. Pfarrer Achim Menges, derzeit Pfarrer der Gehörlosengemeinde Ostschweiz, tritt am 1. September Baumanns Nachfolge an. Baumann freut sich: „Ich kenne Achim Menges als sehr sensiblen und fähigen Menschen“. Vor Langeweile fürchtet sich der angehende Jungpensionär nicht. Für die im Herbst bevorstehende Neueröffnung der Blaukreuz-Brockenstube in Wängi verlegt er 800m2 Boden in einer Fabrikhalle und Pfarramtsstellvertretungen werden ihn weiterhin aktiv mit der
Thurgauer Landeskirche verbinden. Worauf er sich jedoch besonders freut ist, die Aussicht über 150 Berggipfel bei klarer Sicht, die er von seinem auf 820 Meter über dem Meer gelegenen Balkon in Schmidrüti im Tösstal geniessen kann ohne dass ihn die Pflicht ins Tal hinunter ruft.

ThurgauThurgau / 05.08.2009 - 12:47:48