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Parfin de Siècle: «Frölich Geschray so well wir machen»

St. Gallen. Das Mittelalter am Übergang zur Renaissance - ohne höfischen Glanz, derb, deftig und umwerfend komisch: Parfin de Siècle zeigt in der Orangerie des Botanischen Gartens St.Gallen eine Collage mit Satiren, Schwänken und Liedern.

„Die Kindheit des deutschen Volkes ist das Mittelalter,“ sagt die Fremdenführerin, die das burleske Treiben erklärt. Das Grundmotiv sind Schwänke von Hans Sachs (1494-1576), Schuhmacher, Poet und Meistersinger in Nürnberg, in schlichten Knittelversen – bestes Volkstheater.

Lieder und Musik stammen von Oswald von Wolkenstein (1377-1445), dem Südtiroler Ritter, Sänger, Raufbold, Politiker, Komponisten und Dichter mit dem geschlossenen rechten Auge. Er schilderte erstmals in der Geschichte des Minnesangs seine Erlebnisse, Fahrten und Fährnisse und hinterliess als erster
Minnesänger handschriftliche Sammlungen seines Werks.

Trink-, Tanz- und Tagelieder
Wolkensteins Trink-, Tanz- und Tagelieder, gespielt von Samuel Hilbert und Robin Siedl, Cello und Gitarre, untermalen das turbulente Geschehen. Weich und rund stützt die Musik die wirbeligen Szenen.
Der musikalische Leiter Stefan Suntinger verwendete Originale aus der Zeit als Notentexte. Lautenmusik transponierte er für Gitarre: „Eine spannende Musik, in dunklen Farben, um Tiefe und Stimmung zu erzeugen.“

„Der Ausflug ins Mittelalter hat Spass gemacht,“ sagt Regisseur Arnim Halter.Die mittelhochdeutschen Texte sind original – eine kräftige, handfeste, farbenprächtige Sprache.

Szenen mittelalterlicher Ehen zeigen Regine Weingart, Pia Waibel, Isabelle Rechsteiner, Arnim Halter, Lukas Ammann, Erich Furrer und Helmut Schüschner, weiss geschminkt mit Apfelbäckchen. „Der eheliche Stand galt als der höchste Stand. Im Ehebett schläft sich am weichsten,“ sagt Halter. Von der „relativ hohen Emanzipation“ zeugen Sachs’ Schwänke. In den Hauptrollen: rebellische Ehefrauen.

Prügel für Pantoffelhelden
Die Collage beginnt mit einem handfesten Krach zwischen Krämerin und Krämer: Sie soll den schweren Korb tragen – und will natürlich nicht. Das endet mit heftiger Dresche. Ein Knecht beobachtet die Szene und erzählt seinen Dienstherren davon. Die Bäuerin nimmt Partei für die Krämerin und prügelt sich
prompt mit dem Bauern.

Als der Knecht dies der Magd erzählt, verteidigt auch sie die Frauen und klatscht ihm einen Teigball ins Gesicht. Männer durften im Mittelalter „unbotmässige“ Frauen züchtigen. Den Mann, der sich von seiner Frau beherrschen liess, bestrafte die Gesellschaft: Der Pantoffelheld wurde öffentlich blossgestellt.
Eine Kupplerin versucht, einen geilen Pfaffen mit einer jungen Frauen zu verkuppeln. Schliesslich muss der Hufschmied als „Edelmann“ herhalten und wird von der ersehnten Geliebten verdroschen.
Zwei Frauen schaden einem Mann: Die alte Frau rupft ihm die schwarzen Haare aus, die junge die weissen. Er endet als Kahlkopf: „Pling“ und Wehgeschrei untermalen die Moritat.

St.GallenSt.Gallen / 07.08.2009 - 14:54:20