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Finanzkrise hinter Gittern

St.Gallen/Teufen. Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist in den geschützten Werkstätten und hinter Gittern angekommen: Für Betreute und Insassen wird die Arbeit knapp.

In Zeiten der Hochkonjunktur waren Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Gefängnisse willkommene Lückenbüsser für Industrie und Gewerbe. Aber in Krisenzeiten sind sie die ersten, denen Aufträge wieder entzogen werden. Bevor die Firmen für ihre eigenen Leute Kurzarbeit einführen, holen sie bei überreichlicher Kapazität die Arbeiten zurück ins «Mutterhaus».

Glücksfall: Produkte mit Flair
Das spürt auch das Jugendheim Platanenhof in Oberuzwil: In der Metallwerkstatt wird ein regelrechter Einbruch verzeichnet. Betriebe wie Bühler, Uzwil, und Benninger, Uzwil, führen die Arbeiten mit eigenem – nicht ausgelasteten – Personal aus, wie Heimleiter Hanspeter Amann sagt.

Zurückgegangen sind auch Aufträge von Ausrüstungsbetrieben, die Einrichtungen von Schulhäusern, wie beispielsweise Wandtafeln, fertigen. Keine Probleme hat dagegen die Schreinerei: 20 Prozent der Produktion besteht aus Blumenkästen, die die Jugendlichen im Platanenhof seit vielen Jahren für einen Händler herstellen. Von dieser Spezialität werden regelmässig Riesenladungen produziert.

Produkte mit Flair stellt die Platanenhof-Schreinerei für Private und Kleinbetriebe her – beispielsweise einen drei Meter langen Nussbaumtisch mit Chromstahlfüssen. Der Platanenhof sei gut vernetzt und müsse nicht mit Dumpingpreisen arbeiten, sagt Amann.

Im Extremfall sei man aber trotzdem der Wirtschaftskrise voll ausgeliefert. Dann müssten die Jugendlichen auf andere Weise beschäftigt werden, beispielsweise mit mehr Ausbildung. Das ist besonders wichtig für Schüler und Lehrlinge, die eine interne Berufsausbildung absolvieren.

Anspruchsvoller Auftrag

Dank Nischenprodukten gut aufgestellt ist auch die Lehr- und Arbeitswerkstätte für Menschen mit Behinderungen, Valida in St.Gallen. Hier werden Industrie-Handarbeiten und Metall- und Kunststoffbearbeitung ausgeführt sowie Holzwaren hergestellt. «In diesen Sektoren sind wir gut positioniert,» sagt Martin Mock, stellvertretender Leiter von Valida.

Zurück gingen die Aufträge in der Versandwerbung. Da aber viele Mitarbeiter spezialisiert seien und Valida für sehr viele verschiedene kleine Kunden arbeite und nicht für wenige grosse, «spüren wir die Krise nicht so stark; das ist ein grosses Plus,» sagt Mock.

Nase vorn
Ein neues Standbein sei ein Auftrag von Swissmedic für Medikamentenverpackungen – eine höchst anspruchsvolle Aufgabe, für die Valida zertifiziert wurde. Die Leute seien sorgfältig geschult worden. «Das ist Zufall und Glück,» so Mock. Damit könnten Ausfälle kompensiert werden. Aber «auf die Schnelle» gehe so etwas nicht, das müsse geplant werden.

Weggebrochen seien allerdings bereits grosse Aufträge, beispielsweise von Mercedes Benz. Eine gute Auslastung sei nur zu haben, wenn man im Konkurrenzkampf mit Innovationen die Nase vorn habe, sagt Mock: «Wir können keine Leute entlassen und wir haben keine Arbeit mit Defizitgarantie.» Deshalb habe Valida Projekte in der Schublade.


Der «verlängerte Arm» spürt die Krise zuerst
In den Schweizer Gefängnissen sei die Situation prekär, sagt der Direktor der Strafanstalt Gmünden in Teufen AR, Kurt Ullmann. «Wir sind der verlängerte Arm und spüren die Krise als Erste.»

«Wir sind hochwillkommen als Dienstleister in guten Zeiten, aber in Krisenzeiten reduzieren die Firmen ihre Aufträge. Wir können zwar billiger produzieren, aber nicht auf Null zurückgehen.» Wenn die Insassen nicht arbeiten könnten, sei das gar nicht gut. Denn: Beschäftigung ist ein zentraler Teil des Vollzugs. Arbeit ist nicht nur sinnvoll, sie muss laut Gesetzesauftrag auch sein. Es geht um Resozialisierung und Eingliederung in den Alltag. Und es geht um die psychische Verfassung der Insassen. Der Leidensdruck von Arbeitslosen in Haft ist gross: Langeweile und Unruhe sind programmiert.

«Bei Alternativen müssen wir darauf achten, dass wir kein Ferienlager werden,» sagt Ullmann. Bildung und kreatives Arbeiten kommen in Frage, allerdings mit finanziellen Folgen für die Insassen. Das Pekulium, der «Lohn» der Insassen, wird kleiner. Inzwischen wurden in Gmünden die Zellen neu gemalt, Infrasturkturen verbessert.

Sollten die Aufträge noch mehr zurück gehen, muss auch Kurzarbeit in Betracht gezogen werden, so Ullmann. Denkbar sei etwa nur jeden zweiten Tag Küchendienst.

St.GallenSt.Gallen / 07.04.2009 - 10:01:54