«Personen sollen sich freiwillig melden – weil sie wollen»
Rehetobel/AR. Seit sich die gesamte Kirchenführung abgesetzt hat, sind dunkle Wolken über dem sonst so sonnigen Dorf aufgezogen. Walter Bänziger, vorübergehender Verwalter der Kirchenvorsteherschaft, im Interview.
Die Mitglieder der Vorsteherschaft der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Rehetobel haben am 28. Februar im Kollektiv den sofortigen Rücktritt erklärt. Dieser Entscheid wurde mit unüberbrückbaren Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit der Pfarrerin, Beatrix Jassberger, begründet. Die Landeskirche schreibt in solchen Fällen vor, dass eine Verwaltung eingesetzt wird. Der Kirchenrat hat nun Walter Bänziger, ehemaliger Gemeindeschreiber von Herisau, für die vorübergehende Verwaltung der Kirchengemeinde Rehetobel beauftragt.
Walter Bänziger, was für eine Stimmung herrscht momentan in der Kirchgemeinde?
Das weiss ich noch nicht. Ich werde am Dienstag in Rehetobel vorgestellt und mir nachher ein Bild von der Lage machen können.
Sie haben also keinen persönlichen Bezug zu Rehetobel?
Nein, aber ich bin «Appenzeller», und komme aus dem Vorderland. Deshalb und durch meine langjährige Tätigkeit als Gemeindeschreiber von Herisau und den Gemeinden Wolfhalden und Reute habe ich einen grossen Bekanntenkreis. Ich kenne auch Rehetobel gut, bin aber nicht Teil des «Kuchens».
Das wird für Sie in einer Zeit, in der die Rehetobler Kirchgemeinde derart gespalten ist, wohl ein Vorteil sein?
Ich glaube das könnte ein Vorteil sein, aber vielleicht ist der Konflikt auch überbewertet und es hat keinen Einfluss.
Mit welchen Schritten werden Sie die Aufgabe als Verwalter angehen?
Mein derzeitiger Auftrag lautet, die Behördentätigkeit übergangsweise auszuüben, bis eine neu funktionierende Kirchenvorsteherschaft diese übernehmen kann. Ich bin also nicht primär für die Lösung des Konflikts, sondern für die interimistische Geschäftsführung zuständig. Dazu gehört zum Beispiel, dass Löhne ausbezahlt und Zahlungen getätigt werden. Das Wichtigste aber ist die Vorbereitung und ordnungsgemässe Durchführung der Kirchenversammlung vom 26. April 2009. An dieser Versammlung sollte es gelingen, die Kirchenvorherrschaft neu zu konstituieren.
Wird nach dem ganzen Trubel überhaupt jemand in die Kirchenvorsteherschaft wollen?
Die Lage macht es vermutlich nicht gerade einfach, Freiwillige zu finden. Viele Menschen scheuen solche Konflikte und weichen den verbundenen Schwierigkeiten lieber aus. Vor dieser Frage bin auch ich bei der Anfrage für die Übernahme der Verwalterfunktionen gestanden. Wenn sich in einer Situation Lager bilden, ist es immer unangenehm, vielleicht kann ich bis zu einem gewissen Grad auch vermitteln. Es ist aber nicht die alleinige Aufgabe des Verwalters, die Wahlvorschläge zu machen, ich bin auf die Unterstützung der Rehetobler angewiesen. Ich hoffe, dass Personen sich freiwillig melden – weil sie wollen.
Und wenn nun niemand will, sich niemand meldet?
Wenn an der Kirchgemeindsversammlung vom 26. April niemand bereit wäre, für die Wahl in die Kirchenvorsteherschaft zu kandidieren – was ich nicht hoffe – müsste das Wahlgeschäft auf eine spätere Versammlung verschoben werden. Es wäre ein neues Verwaltungsmandat nötig. Ich gehe aber davon aus und bin zuversichtlich, dass ich nach dem 26. April als Verwalter die neuen Mitglieder der Kirchenvorherrschaft in ihre Funktion einführen, die Amtsübergabe sicherstellen und meinen Auftrag abschliessen kann.