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Kanton Zürich: Studie zu „Gewalterfahrungen Jugendlicher“ erschienen


Jugendliche im Kanton Zürich erfahren mehr Gewalt und üben auch häufiger Gewalt aus.

Dies sind die zentralen Ergebnisse der soeben erschienen Studie „Gewalterfahrungen Jugendlicher im Kanton Zürich 1999 – 2021“, die von der Koordinationsgruppe Jugendgewalt in Auftrag gegeben und heute an einer Medienkonferenz vorgestellt wurde.

Nachdem die Studie des Jahres 2014 eine gegenüber der Studie von 2007 tiefere Jugendgewalt im Kanton Zürich ausgewiesen hatte, liegen die Zahlen der aktuellen Studie von 2021 wieder höher. Dies geht aus der repräsentativen Befragung von Jugendlichen hervor, die bereits zum vierten Mal durchgeführt wurde. Die Studie wurde mit 4400 Jugendlichen im Alter von 13 bis 19 Jahren von Mai bis Juli 2021 realisiert. Laut Studienleiter Dr. Denis Ribeaud, Universität Zürich, Jacobs Center for Productive Youth Development, bestätigen die Ergebnisse den in der Kriminalstatistik festzustellenden Trend der letzten Jahre: Jugendgewalt ist demnach nicht nur bei den polizeilich registrierten Delikten angestiegen, sondern auch in Bezug auf nicht erfasste Gewalterfahrungen, die von Jugendlichen selbst berichtet werden.

Zentrale Befunde der Studie

Die Zunahme der Jugendgewalt zeigt sich in den meisten untersuchten Gewaltformen. Besonders deutlich erweist sie sich im Bereich Raub und Erpressung mit Gewaltandrohung und bei Verletzungen der sexuellen Integrität. Zugenommen haben sexuelle Belästigungen auch im schulischen Bereich, ebenso wie Belästigungen über die sozialen Medien. Im schulischen Kontext ist insgesamt ein Anstieg des Mobbings zu verzeichnen.

Die Detailanalysen zu den Opfererfahrungen von Jugendlichen zeigen eine Verlagerung der Gewalt in den öffentlichen Raum. Vermehrt genannt werden Gewalttätigkeiten, die von unbekannten Personen begangen werden. Angestiegen sind auch rassistisch oder religiös motivierte Gewalttätigkeiten sowie Konflikte zwischen Gruppen. Dementsprechend geben Jugendliche ein erhöhtes Unsicherheitsgefühl an.

Von besonderer Bedeutung ist der Befund, dass die Gewaltzunahme vor allem auf eine Zunahme von Gewalttätigkeiten von Jugendlichen zurückzuführen ist, die stark risikobelastet sind. Ihre Gewaltbelastung hat sich seit der letzten Befragung verdoppelt.

Die Frühdelinquenz – also das delinquente Verhalten von Heranwachsenden vor dem 13. Altersjahr – hat weiter zugenommen, ebenso der Alkoholkonsum in dieser Altersgruppe. Erfreulich ist hingegen, dass der Konsum von Alkoholika und Tabak insgesamt weiter rückläufig ist und der Konsum von harten Drogen stagniert.

Prävention im Zentrum

Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass weitere Anstrengungen zur Bekämpfung von Jugendgewalt angezeigt sind. Bestehende Massnahmen sind weiterzuführen und zu verstärken. Weiter sind zusätzliche Massnahmen zu prüfen, um auf die aktuelle Entwicklung der Jugendgewalt zu reagieren.

Eine Verstärkung der Präventionsbemühungen ist bereits verschiedentlich erfolgt. Bei der Kantonspolizei stellt die Bekämpfung der Jugendkriminalität seit 2021 einen Schwerpunkt dar. Zusammen mit den Stadtpolizeien Zürich und Winterthur, der Oberjugendanwaltschaft und weiteren Partnerorganisationen wurde ein umfassendes Projekt zur Kriminalitätsprävention gestartet. Dazu gehört etwa die im vergangenen Jahr lancierte Online-Präventionskampagne #no-front.

Im Schulbereich gibt es eine breite Palette an Unterrichtshilfen, Fach- und Beratungsstellen sowie Aus- und Weiterbildungsangeboten zur Gewaltthematik, die von den Schulen gut genutzt werden. Im vergangenen Jahr wurde im Auftrag der Bildungsdirektion eine Bedarfsabklärung durchgeführt. Auf ihrer Grundlage wird gegenwärtig geprüft, mit welchen Massnahmen die Gewaltprävention und -intervention an Schulen weiter verbessert werden kann. Als erste Massnahme hat die Bildungsdirektion die Schulsozialarbeit versuchsweise an ersten Mittelschulen eingeführt.

Brennpunkte erkennen und rasch reagieren

Die Jugendstrafrechtspflege hat bereits früh auf den Anstieg reagiert. Gewaltstraftaten werden auf den Jugendanwaltschaften prioritär behandelt, nach Möglichkeit wird sofort interveniert, wie Marcel Riesen-Kupper, Leitender Oberjugendanwalt, ausführte. Dazu gehört neben einem frühen Einbezug der Sozialarbeit auch die vermehrte Anordnung von Ersatzmassnahmen. Mittels Kontakt- und Rayonverboten sowie vorsorglich angeordneten Schutzmassnahmen sollen jugendliche Gewaltstraftäterinnen und -täter gezielt von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten werden. Das deliktische Verhalten der Jugendlichen wird zudem kontinuierlich analysiert, die gewonnenen Erkenntnisse fliessen in die Arbeit mit ein. Brennpunkte werden so frühzeitig erkannt und Gruppierungen von problematischen Jugendlichen gezielt aufgebrochen, mit dem Ziel, weitere Gewaltdelikte zu verhindern.

Koordiniertes Vorgehen

Zur Bekämpfung von Jugendgewalt arbeiten Schulen, Jugendarbeit, Präventionsfachstellen, Polizei, Jugendstrafrechtspflege und andere Stellen, die mit Jugendlichen zu tun haben, im Kanton Zürich seit langem intensiv zusammen. Aufgabe der interdisziplinär zusammengesetzten Koordinationsgruppe Jugendgewalt ist es, diese Zusammenarbeit zu fördern und die Präventions- und Interventionsmassnahmen der jeweiligen Akteurinnen und Akteure optimal aufeinander abzustimmen. Die Ergebnisse der aktuellen Studie werden in die Arbeit der Koordinationsgruppe einfliessen, so Enrico Violi, Gewaltbeauftragter der Bildungsdirektion und Leiter der Koordinationsgruppe Jugendgewalt.



Quelle: Kanton Zürich
Bildquelle: Kanton Zürich


Schweiz / 06.09.2022 - 12:07:38