
Herisauer UBS-Sitz zu verkaufen
Herisau. Der Herisauer UBS-Sitz am Obstmarkt wird zum Verkauf angeboten.
Der noble Bank-Palazzo mit der attraktiven Fassade kostet 17,5 Millionen Franken. Der Kanton will ihn nicht kaufen, obwohl die Verwaltung drei Viertel davon gemietet hat.
Der Versicherungswert beträgt 33,87 Mio. Franken. Erstellt wurde das Bankgebäude neben dem Regierungssitz im Zentrum Herisaus 1984 von der damals schon angeschlagenen Ausserrhoder Kantonalbank (ARKB). Der Niedergang hatte bereits begonnen.
1996 wurde die marode Bank samt Hauptsitz von der damaligen Schweizerischen Bankgesellschaft (SBG) gekauft. Auf allen andern Bankgebäuden blieb der Kanton sitzen.
Verkauft
1997 fusionierten SBG und Bankverein zur UBS. Noch in den 1990-er Jahren verkaufte die UBS zahlreiche ihrer Gebäude an die Maag Property Company AG. Liegenschaften-Eigentum gehöre nicht zum Kerngeschäft der Bank, so die Begründung.
Das war zu jener Zeit eine Strategie zahlreicher Banken. Sie entlasteten so ihre Bilanzsummen und mussten weniger Eigenmittel hinterlegen.
Die Maag Gruppe wurde 2005 von der börsenkotierten Immobilien-Investmentgesellschaft Swiss Prime Site AG (SPS) übernommen. Die Credit Suisse (CS) ist für die SPS im Mandatsverhältnis tätig. Damit sitzt die UBS indirekt in einem Gebäude der CS.
Kein Immobilienpicking in Randregionen
«Immobilienpicking in Reinkultur» lautet der Slogan der SPS – nach eigenen Angaben «die erste spezialisierte Immobilien-Investmentgesellschaft der Schweiz». Ihr Portfolio von rund 3,7 Milliarden Franken umfasst erstklassige Geschäftsimmobilien an ausgewählten Schweizer Wirtschaftsstandorten.
In dieses Portfolio passt das Bankgebäude in Herisau nicht: «Es ist eine Standortfrage: Wir ziehen uns aus Satellitenstandorten zurück. Unser Fokus richtet sich auf Zürich, Genf, Zug, Basel und Luzern», sagt SPS Chief Investment Officer Peter Lehman, der den markanten Bau verkauft.
Herisau sei kein wirtschaftliches Zentrum. Einen Kaufinteressenten für den Bank-Palazzo gibt es noch nicht. Auch der Kanton will den UBS-Sitz nicht: Das sei eine Superlage für Firmen und ein gutes Gebäude für Investoren, sagt der Ausserrhoder Landammann Jakob Brunnschweiler.
Unrealistisch
Der Kanton könnte den Bau nicht aus dem Finanzvermögen erwerben. Er müsste ihn aus dem Verwaltungsvermögen bezahlen, da der Kauf der Erfüllung öffentlicher Aufgaben diente.
Weil der Betrag die Finanzkompetenzen von Regierung und Kantonsrat übersteigt, wäre eine Volksabstimmug nötig: «Das ist unrealistisch,» sagt Brunnschweiler. Ein solcher Erwerb wäre chancenlos.
Dass das Gebäude zu rund der Hälfte des ursprünglichen Erstellungswerts verkauft wird, erklärt Lehmann mit der Ertragswertberechnung: Gerechnet wird mit 6,03 Prozent Bruttorendite.
Staatsarchiv im Untergrund
Solvente Mieter mit langjährigen Mietverträgen teilen sich die 5650 Quadratmeter laut dem Inserat der IT Treuhand+Immobilien AG, die das Geschäftshaus im Auftrag der SPS anbietet: Die Mieter sind die UBS und der Kanton Appenzell Ausserrhoden.
Drei Viertel des Gebäudes besetzt der Kanton. Unter anderem ist hier das Ausserrhoder Staatsarchiv untergebracht. Geheizt wird das Haus vom Regierungsgebäude aus.
Untergang eines Casinos
Der Untergang der Ausserrhoder Kantonalbank (ARKB) ist immer noch ein dunkler Fleck in der Geschichte des Kantons. Deshalb besteht eine generelle Abwehrhaltung auch gegenüber dem einstigen ARKB-Hauptsitz.
Als die Bank 1996 für 180 Mio. Franken an die SBG verkauft wurde, hatten sich über 230 Mio. Franken Verluste angehäuft. Reserven gab es keine mehr. Der Kanton musste rund 100 Mio. Franken abschreiben.
Bordellbesitzerin
«Totales Systemversagen», diagnostizierte Rechtsprofessor Peter Nobel nach dem Ruin: Die bankrotte Bank sei ein Casino gewesen. Versagt hätten Oberleitung, Aufsicht (Kantonsrat) und Kontrolle. Unzählige faule Kredite flogen auf: Unter anderem waren ein Bordell in Genf und eine Fischfarm in Kanada finanziert worden.
Erst nachdem die Eidgenössische Bankenkommission mehrmals interveniert hatte, nahm der Kantonsrat überhaupt Kenntnis von der Pleite. Schliesslich wurde der heutige Bundesrat Hans-Rudolf Merz als Troubleshooter eingesetzt. Mit dem Segen des Volks gelang ihm der Notverkauf der Bank an die SBG.
Unter der heutigen FDP-Nationalrätin und damaligen Ausserrhoder Finanzdirektorin Marianne Kleiner gelang es, bis 2000 die prekäre Situation zu verkraften. Mit der illiquiden Bank wäre der Kanton zum Armenhaus verkommen.
Klumpenrisiko
Um die Kantonalbank zu erhalten, wären weitere 100 Mio. Franken zur Refinanzierung nötig gewesen. Steuererhöhungen oder Neuverschuldungen mit hohen Zinsbelastungen wären die Folge gewesen. Davon hätte sich der Kanton kaum mehr erholt. Die Bank war ein Klumpenrisiko.
Mit wertlos gewordenen Papieren verloren viele Ausserrhoder sehr viel Geld. Die Papiere waren ausgegeben worden, als die Lage bereits katastrophal war. Alle Versuche, gegen die Verantwortlichen der ARKB zu klagen, wurden abgeschmettert oder verliefen wegen Verjährung im Sand.
Im März dieses Jahrs verursachte die Ausserrhoder Regierung einen Eklat, als sie bekannt gab, eine Arbeitsgruppe habe mit Kosten von 90 000 Franken die Idee einer Auferstehung der ARKB geprüft und wieder fallen gelassen.
Empörung und gleichzeitig Hoffnung im Kanton waren gross: Viele Unternehmer beklagen, es sei in Ausserrhoden ausserordentlich schwierig geworden, Kredite zu erhalten. Das wäre mit einer eigenen Kantonalbank einfacher.