
Helfen, damit Jugendliche nicht «abhängen»
Weinfelden. «Perspektiven junger Menschen -- Einhängen oder abhängen», dies der Titel einer Tagung für Verantwortliche im Bereich der Jugendförderung.
Die gut besuchte Tagung im evangelischen Kirchgemeindehaus Weinfelden zeigte, dass bereits viel getan wird, um den Jugendlichen einen Weg in ein erfolgreiches Leben aufzuzeigen.
Regula Kummer, Vizepräsidentin des Evangelischen Kirchenrates des Kantons Thurgau, durfte zur Tagung vom Mittwochnachmittag gegen 40 Teilnehmer begrüssen. Grund für die grosse Teilnahme war einerseits die Brisanz und Aktualität des Themas und andererseits die Tatsache, dass sich die Tagung sowohl an Verantwortliche der öffentlichen Sozialdienste und der Amtsvormundschaften wie auch an die kirchlichen Mitarbeiter richtete, die sich mit dem Thema Jugendförderung befassen.
Gemeinsame Herausforderung
Dass sich die verschiedensten Institutionen mit den Problemen der Jugendlichen beschäftigten und sich für jene Heranwachsenden engagieren, die wenig oder gar keine Zukunftsperspektiven haben, zeigte auch die Zusammensetzung der Referentinnen und Referenten. Von kirchlicher Seite waren dies Diakon Mathias Dietz aus Aadorf, und Gabriela Alfanz vom HEKS, das Programme zur beruflichen Integration von Jugendlichen anbietet. Die staatlichen Integrationsstellen wurden vertreten von Fürsorger und Amtsvormund Andreas Sieber aus Steckborn, Schulsozialarbeiter Roland Müller aus Aadorf, und Loredana Pachioli Tobler von der Jugend-, Ehe- und Familienberatungsstelle Kreuzlingen. In Kurzreferaten berichteten die Referentinnen und Referenten über ihr Tätigkeitsgebiet, ihre Erfahrungen und ihre Sicht der Probleme mit Jugendlichen, die im Leben «abhängen» statt «einzuhängen».
Alle betonten, dass der grösste Teil der Jugendlichen mit dem Eintritt in die Erwachsenenwelt keine Probleme habe. Die Sozialhilfestellen sähen aber nur jene Jugendlichen, die wegen fehlender Zukunftsperspektiven Probleme hätten und verursachten. Immer wieder tauchten dabei als Gründe für das Versagen der Jugendlichen die Veränderung der Gesellschaft und die Unsicherheit der Eltern in der Erziehung ihrer Kinder auf.
Tendenz zum Abhängen steigt
«Die Tendenz zum Abhängen ist vorhanden», erklärte Schulsozialarbeiter Roland Müller in seinem Referat. Einen Lösungsansatz sieht er in der Prävention, wie sie in der Schulsozialarbeit gepflegt wird. Dass sich Probleme mit Jugendlichen, die keine sinnvolle Zukunft sehen, nur mit dem Einbezug des Umfeldes (Eltern, Schule, Arbeitgeber) lösen lassen, darin sind sich alle Referenten einig. Jede Hilfe müsse darauf aufgebaut werden, dass die Jugendlichen ihren Wunsch nach Perspektiven, Berechenbarkeit des Umfeldes und soziale Integration erfüllt sehen.
In der anschliessenden Podiumsdiskussion betonten alle Referenten, dass es wichtig sei, den Jugendlichen Perspektiven für ihre Zukunft aufzuzeigen und sie auf ihrem Weg zu begleiten. «Der Jugendliche muss den Weg zu sich selber zurückfinden und sich selbst auf seinen persönlichen Weg machen», erklärte zum Beispiel Loredana Pachioli Tobler.
Bedauert wurde, dass die Koordination der einzelnen Stellen, die sich mit Problemen der Jugendlichen beschäftigen, noch nicht funtioniert. Wie aber zu erfahren war, hat sich der Kanton dieses Problems angenommen, und es soll auch ein elektronisches Verzeichnis aller sozialen Intitutionen des Kantons Thurgau geschaffen werden.
Vertrauen als tragfähiges Fundament
Die Erfolgsrezepte von früher greifen für die junge Generation von heute nicht mehr. Unsere Sorge um sie ist berechtigt. Schule und Ausbildung sind zwar nicht weniger wichtig als früher, aber sie tragen nicht mehr wie von selbst. Der Beruf gestaltet nicht mehr ein ganzes Leben. Der heutige Mensch gestaltet nicht mehr sein Leben, sondern der Mensch muss selbst eine Gestalt sein und so auch seine Arbeit gestalten. Die Jugendlichen müssen Personen werden, die Halt in sich und soziale Bindungen finden.
«Ich glaube nach wie vor, am besten ist es, wenn wir ihnen vertrauen helfen. Vertrauen ist das tragfähigste Lebensfundament, vor allem wenn es nicht einseitig ist, sondern sich aufbaut wie ein gleichseitiges Dreieck.
Wenn Vertrauen von Menschen, Gottvertrauen und Selbstvertrauen in einer Person zusammenwirken können, das ist ein Glück», so Pfarrer Frank Sachweh in seinem Schlusswort zur Tagung.
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