
Heimbewohnerin mit Gewalt umplatziert
Lausanne/Thurgau. Das Thurgauer Obergericht muss sich erneut mit dem Fall eines Heimleiters befassen, der 2004 eine 17-Jährige mit Gewalt zu einer Pflegefamilie gebracht hat.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde des Mannes teilweise gutgeheissen.
Das Thurgauer Obergericht hatte den Leiter des mittlerweile geschlossenen «Haus Chance» in Amriswil im März 2007 der Freiheitsberaubung schuldig gesprochen. Er wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 90 Franken verurteilt.
Zwei Mal ausgerissen
Der Sozialpädagoge hatte im Oktober 2004 eine jugendliche Heimbewohnerin gegen ihren Willen in sein Auto verfrachtet, um sie für einen Time-out-Aufenthalt zu einer Pflegefamilie ins Toggenburg zu bringen. Unterwegs hinderte er die renitente junge Frau mit Gewalt daran, aus dem Wagen zu fliehen.
Vor dieser Aktion war die junge Frau am gleichen Tag bereits zwei Mal aus dem Heim ausgerissen. Als die Polizei die 17-Jährige schliesslich zurück brachte, holte sich der Leiter bei ihrem Beistand das Einverständis zur Umplatzierung.
Freispruch möglich
Das Bundesgericht hat die Beschwerde des Verurteilten nun teilweise gutgeheissen und die Sache zur Neubeurteilung ans Obergericht zurückgewiesen. Laut den Lausanner Richtern hat sich der Betroffene möglicherweise in einem Verbotsirrtum befunden.
Er habe fälschlicherweise den Beistand der jungen Frau für befugt gewähnt, den streitigen Transport anzuordnen. Tatsächlich hätte dies die Vormundschaftsbehörde am Wohnsitz der Jugendlichen tun müssen. Das Obergericht werde nun noch zu klären haben, ob er diesen Irrtum hätte vermeiden können.
Stufe es seinen Irrtum als unvermeidbar ein, sei er freizusprechen. Qualifiziere es den Irrtum als vermeidbar, habe eine Strafmilderung zu erfolgen. Eine allfällige Verurteilung wegen Körperverletzung wäre laut Bundesgericht nur zulässig, wenn das kantonale Prozessrecht eine Ergänzung der Anklage erlaubt.