
Ermittlungsverfahren zum Seilbahnunfall abgeschlossen
Wengernalp/Lauterbrunnen/BE. Das polizeiliche Ermittlungsverfahren zum Seilbahnunfall Fallboden von Anfang 2008, welches in die Zuständigkeit des Untersuchungsrichteramtes IV Berner Oberland fiel, konnte abgeschlossen werden.
Am Donnerstag, 3. Januar 2008, kurz vor 13 Uhr, ereignete sich bei der Sesselbahn Fallboden im Skigebiet Kleine Scheidegg ein schwerer Unfall. Dabei wurden mehrere Personen teilweise schwer verletzt. Ein 29-jähriger Mann aus Deutschland verstarb noch auf der Unfallstelle.
Während des polizeilichen Ermittlungsverfahrens wurden Passagiere wie Angestellte der betroffenen Seilbahn einvernommen. Dabei zeigte sich unter anderem, dass je nach Sitzposition auf der Seilbahn die vor dem Unfall herrschenden Winde sehr unterschiedlich wahrgenommen wurden. Die Passagiere spürten teils windstille Verhältnisse, teils plötzlich auftretende, heftige Böen, was wegen der topografischen Lage der Bahn typisch ist.
Der öffentlich zugängliche Bericht der Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe des UVEK (UUS, http://www.uus.admin.ch//pdf/08010301_SB.pdf) vom 9. Oktober 2008 kommt zum Schluss, dass die Sesselbahnanlage fachgerecht unterhalten und betrieben wurde und den grundlegenden Anforderungen entsprach. Als Ursache für den Unfall dürfte eine starke Windböe in Frage kommen, welche mit grösster Wahrscheinlichkeit das Förderseil bei der Stütze 11 zum Entgleisen brachte. Begünstigt dürfte die Entgleisung durch den sich nähernden Sessel worden sein, in welchem auch der tödlich verunfallte Mann sass. Offensichtlich durch einen Peitschenschlag fiel das entgleiste Förderseil nur in die beiden einfahrseitigen
Seilfänger und berührten die ausfahrseitigen nur kurz. Dadurch lastete die volle Kraft auf den beiden einfahrseitigen Seilfängern. Dies hatte zur Folge, dass die ganze Rollenbatterie aus dem Gleichgewicht kam und die Hauptwippe schlagartig gegen die Hauptüberschlagssicherung geschlagen wurde. Dadurch hat sich die Überschlagssicherung der Hauptwippe dermassen kräftig nach oben verschieben können, dass eine Schraube am unteren Ende des Langloches anstand und abgeschert wurde. Ausserdem wurde die Halterung der beiden Hauptüberschlagssicherungen, welche am Lagerbock der Rollenbatterie befestigt war, teilweise beschädigt. Die Überschlagssicherung war dadurch nur noch mit einer Schraube gesichert und konnte daher durch die Hauptwippe um 90° weggedreht werden. Dies hat dann zum Absturz des Förderseils geführt. Der Bruch der Schraube bei der Überschlagssicherung der Hauptwippe ist auf die kurzfristige Über- und Fehlbelastung der Rollenbatterie bei einem aussergewöhnlichen Ereignis zurückzuführen – nämlich das Entgleisen des Förderseils, ohne dass dieses wie vorgesehen in die Seilfänger fällt. Für das Vorliegen eines Material- oder Bedienungsfehlers sind keine Anhaltspunke ersichtlich.
Die betrieblichen Vorgaben für das Vorgehen bei starkem Wind wurden eingehalten. Nach dem Entscheid, die Sesselbahn Fallboden zu schliessen, war aufgrund der Windmessungen bei den beiden Messstationen des Sesselliftes ein unverzügliches Abschalten der Sesselbahn nicht vorgeschrieben. Namentlich gestützt auf den Umstand, dass die letzten Abschaltungen wegen Windgeschwindigkeiten von über 60 km/h (Alarmwert) mehr als eine Stunde vor dem Unfall erfolgten, bestanden für die Mitarbeiter keine Vorgaben dafür, dass der Fallbodenlift sofort hätte abgestellt werden müssen. Der Entscheid, die sich bei der Talstation und auf den Sesseln befindenden Gäste noch zur Bergstation zu transportieren, kann nicht beanstandet werden.
All diese Tatsachen und die weiteren polizeilichen Ermittlungen führten zur Schlussfolgerung, dass beim Sesselbahnunfall keine Sorgfaltspflichtverletzung begangen wurde und kein fahrlässiges Handeln irgendeiner Person vorliegt. Gestützt auf diese Feststellungen wurde keine Strafverfolgung eröffnet.