
«Ein liebliches, leicht apathisches Land»
oder «Oh Thurgau du Heimat, wie bist du so schön» - was stimmt nun? Bernhard Koch, Regierungspräsident des Kantons Thurgau, erörtert in seinen 1. August-Gedanken den Sachverhalt.
Um letzteres zu belegen einige Beispiele. Welcher Kanton hat innert 10 Jahren die veralteten Gemeinde- und Kreisstrukturen angepasst und eine der grössten Reorganisationen umgesetzt? 1803 startete der Thurgau mit über 300 Gemeinden, im 20. Jahrhundert waren es noch immer gegen 200 und heute sind es noch deren 80. Die Kreise wurden um über einen Drittel reduziert, die Zivilstandsämter gar von 80 auf 8. Und der Thurgau ist auf gutem Wege, auch die Bezirke bürgernah und effizient neu zu ordnen. Welcher Kanton hat zusammen mit den Gemeinden die drittgünstigste Verwaltung und ist trotzdem leistungsfähig und bürgernah? Welcher Kanton hat zusammen mit den Gemeinden in den letzten acht Jahren den Steuerzahler um 25 Prozent entlastet und über 320 Millionen Steuergelder nicht eingezogen? Welcher Kanton hat sich innert acht Jahren in der Steuerrangliste vom 17. auf den 5. Platz verbessert und die Aufgaben trotzdem auf einem hohen Stand erfüllt? In welchem Kanton erhalten 90 Prozent der Kinder und Jugendlichen eine Prämienverbilligung bei der Krankenkasse? In welchem Kanton haben sich die Arbeitsplätze in den letzten sechs Jahren überdurchschnittlich erhöht? Im Thurgau waren es 2,4 Prozent gegenüber lediglich 0,7 Prozent in der Schweiz. Welcher Kanton hat den öffentlichen Verkehr derart massiv gefördert, dass sich die Passagierzahlen innerhalb von acht Jahren um 50 Prozent erhöht haben? Welcher Kanton hat im Bereich der Energie die Beiträge an erneuerbare Energien und die Förderung der Energieeffizienz verzehnfacht?
Die Antwort lautet immer: der Kanton Thurgau. Das alles darf sich sehen lassen, und die Gründe für diese Leistungen sind mannigfaltig. Zwei stehen sicherlich im Vordergrund: der Wettbewerb und die Konkordanz. In der Schweiz steht jeder Kanton permanent im Wettbewerb mit den anderen Kantonen, sowohl in der Steuer- und Finanzpolitik als auch bei der Infrastruktur und bei der Bildung. Dieser lebhafte Wettbewerb auf kleinstem Raum lässt niemanden auf seinen Lorbeeren ausruhen. Wettbewerb hält die Politikerinnen und Politiker fit. Standortwettbewerb ist ein tragender Pfeiler des Erfolgs, aber er trägt auch die Verantwortung in sich, die Aufgabenerfüllung nicht zu vernachlässigen. Der Kanton Thurgau und die Gemeinden haben bewiesen, dass sie diesen Zweiklang beherrschen.
Im Gegensatz zur Konkordanz beim Bund, die wie ein angeschlagener Boxer wackelt, wird im Thurgau diese gelebt. Während auf Bundesebene der politische Anstand dauernd verletzt, der politische Gegenspieler dauernd angepöbelt wird und eine gewisse Respektlosigkeit bei den politischen Diskussionen Einzug gehalten hat, begegnen sich im Thurgau die politischen Parteien und Behörden mit Anstand. Die Gesprächskultur ist eine respektvolle. Wenn wir uns die Bedeutung der Konkordanz vor Augen führen, kann diese nur so gelebt werden. Denn Konkordanz meint und bedeutet Übereinstimmung, politische Übereinstimmung bei Sachthemen. Im Thurgau wird noch eine andere Konkordanz gelebt, nämlich jene von Gemeinden und Kanton oder jene von Exekutive und Legislative oder jene von Exekutive und Verbänden.
Wettbewerb und Konkordanz haben dem Thurgau Wohlstand und Sicherheit und ihn innerhalb der Schweiz so weit nach vorne gebracht. Aber wird das auch wahrgenommen, sowohl im Thurgau selber als auch in der übrigen Schweiz? Ist es überhaupt notwendig, dass es wahrgenommen wird? Die Hauptsache ist doch, dass es uns gut geht und nicht wie die Medien über den Thurgau berichten oder eben nicht. Doch das greift zu kurz. Wer Achtung bekommen will, muss beachtet werden. Diesbezüglich muss sich der Thurgau künftig noch besser in Szene setzen und nach dem Sprichwort «Tue Gutes und sprich darüber» handeln. Der Thurgau ist kein geschützter Raum oder wie kürzlich zu lesen war eine «stille Zone». Der Thurgau ist Teil eines Ganzen, Teil der Schweiz und dort soll er als starker und verlässlicher Partner wahrgenommen werden.