
Der Thurgau braucht keine Sozialdetektive
Frauenfeld. Regierungspräsident Bernhard Koch hat am 11. Kommunalforum Thurgau, ausgerichtet von der Thurgauer Kantonalbank und der Treuhandgesellschaft OBT AG, die Arbeit der Gemeinden im Sozialhilfebereich gelobt.
Der Thurgau brauche keine Sozialdetektive, erklärte der Vorsteher des Departements für Finanzen und Soziales vor über 100 Zuhörerinnen und Zuhörern, darunter vor allem Vertreter von Gemeindebehörden und Kantonsräte. «Die Gemeinden erbringen gute Leistungen», sagte Koch mit dem Hinweis auf die 2007 im Vorjahresvergleich um 8,3 Prozent gesunkenen Unterstützungsleistungen.
Asylsuchende unterbringen
Neue Problemstellungen ortete der Regierungspräsident hingegen im Asylbereich. Die Zahl der Asylgesuche habe bis Ende September des laufenden Jahres bereits das Vorjahresniveau erreicht. Der Bund habe keine Massnahmen getroffen, stelle jetzt aber den Kantonen immerhin die finanziellen Mittel zur Verfügung, um diesen Anstieg zu bewältigen, merkte der Sozialvorsteher kritisch an. Statt die aufgelösten Durchgangsheime wieder aufzubauen, suche der Kanton Wohnungen, um Asylsuchende unterzubringen. Koch warb bei den Gemeindevertretern um Verständnis für dieses Vorgehen.
Vertrauen in die Sozialhilfe
Rolf Born, Sozial- und Vormundschaftsdirektor der Luzerner Gemeinde Emmen, berichtete von den Erfahrungen seiner Gemeinde mit dem Einsatz eines Sozialinspektors. Diese Massnahme habe zum Ziel, Missbräuche zu verhindern und zu vermindern sowie das Vertrauen in die Sozialhilfe zu stärken. Es sei nicht darum gegangen, die neue Stelle zu refinanzieren. Das Missbrauchspotenzial sei massiv überschätzt worden. Der Einsatz von Sozialinspektoren sei eine mögliche Lösung und habe präventive Wirkung, löse aber nicht alle Probleme der Sozialhilfe, bilanzierte der Gemeinderat von Emmen.
Ermessenspielraum erhalten
In der Sozialhilfe müsse man mit Menschen rechnen, die rechnen könnten, hinterfragte der Volkswirtschaftler und Journalist Beat Kappeler gängige Betrachtungsweisen. Er plädierte für ein realistisches Menschenbild, das Banker nicht nur als Gierige und Bedürftige nicht ausschliesslich als Opfer sieht. Als Einkommensersatz müsse Sozialhilfe unter dem Minimaleinkommen liegen, wenn die Grundwerte der Selbsthilfe gelten sollen. Daran müssten sich die Lösungen der Missbrauchsprobleme orientieren. Für die zuzuteilenden Leistungen soll dennoch ein grosser Ermessensspielraum erhalten bleiben.