
Dem Kanton geht es (zu) gut
Kommentar. Mit der grossen Kelle rührt der Kanton an, um ein eigenes Kulturportal im Internet zu finanzieren. Auch Sponsoren stehen schon bereit. Auf der Strecke bleiben private Initiativen wie thurgau24.ch.
80’000 Franken Investitionskosten, 180’000 Franken Betriebskosten pro Jahr: Das wird sich der Kanton Thurgau künftig den Betrieb eines Internetportals rund um Kultur kosten lassen. In der entsprechenden Mitteilung wird nicht erwähnt, woher der Bedarf für ein solches Angebot kommen soll, wo genau ein Defizit geortet wurde und ob auch andere Optionen geprüft wurden.
Stossend an dieser Initiative von Kantonsseite ist verschiedenes. Zum einen stellt sich die Frage, ob es die Aufgabe des Kantons ist, ein solches Portal ins Leben zu rufen. Der Staat sollte sich auf seine Kernaufgaben besinnen. Im Bereich Kultur geht es darum, den Veranstaltern kultureller Angebote möglichst gute Rahmenbedingungen zu bieten und möglichst wenig Steine in den Weg zu legen. Was hier geplant ist, geht weit darüber hinaus. Zwar wird danach offiziell eine Aktiengesellschaft hinter dem Projekt stehen, die kostendeckend oder gewinnbringend arbeitet. Das aber, Verzeihung, ist keine Kunst, wenn von Anfang an völlig überdimensionierte 180’000 Franken pro Jahr für den Betrieb ganz einfach in die AG fliessen.
Viel schlimmer aber: Neben den Steuergeldern, die ins Projekt fliessen, wird die neue AG auch Sponsoren und Werbekunden suchen. Ganz gezielt wird ein zur Mehrheit öffentlich-staatliches Portal also Werbegelder von Unternehmen akquirieren, die dann natürlich woanders fehlen. Für privatwirtschaftlich betriebene Initiativen wie thurgau24.ch wird es in Zukunft noch schwieriger, Werbepartner zu finden. Die Tatsache, dass die Thurgauer Kantonalbank schon heute «einen substanziellen Sponsorenbeitrag» in Aussicht stellt, spricht Bände. Derzeit gibt es unter thurgaukultur.ch noch gar nichts, statt eines konkreten Konzepts wurde bislang nur eine Absichtserklärung veröffentlicht: Man wolle die «Information über aktuelle Kulturprojekte und Veranstaltungen» verbessern, man wolle den «Meinungsaustausch zwischen Kulturschaffenden, Publikum, Kulturkritikern und Kulturförderern» verbessern. Auch vorgesehen ist es, eigene Veranstaltungsberichte, Informationen des Kulturamtes und Medienberichte aufzuschalten. Für all das gibt es schon heute mehr als genügend Plattformen. Aber offensichtlich ist nur das etwas wert, das den Steuerzahler Geld kostet.
thurgau24.ch wird auch künftig neben allen anderen Bereichen über die Kultur berichten und beispielsweise auch die offiziellen kantonalen Mitteilungen rund um die Kultur kostenlos veröffentlichen. Wir nehmen zur Kenntnis, dass künftig dieselbe Dienstleistung von einer noch zu gründenden AG geboten wird, die der Staat finanziert. Ergänzt vielleicht durch einen Veranstaltungskalender und eine «Künstler-Drehscheibe» die für den Normalverbraucher ohne Relevanz ist. Werbekunden und Sponsoren können sich derweil überlegen, ob sie mit ihren Beiträgen wirklich eine staatlich finanzierte Plattform zusätzlich füttern sollen – oder ob die Unterstützung einer privaten Leistung, erbracht mit unternehmerischem Risiko, nicht nutzbringender wäre.
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– AG soll Thurgauer Kulturportal betreiben