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8. Kongress zur urbanen Sicherheit

Städte bieten heute ein vielfältiges, hochwertiges Angebot in allen Lebensbereichen. Noch nie hat der städtische Lebensraum eine so grosse Vielfalt an Möglichkeiten interessanter Lebensgestaltung geboten wie heute: attraktive öffentliche Räume, Kultur, Gastronomie, Sport, Aus- und Weiterbildung, Einkauf etc. Auf engem Raum und mit kurzen Distanzen können vielfältige Bedürfnisse erfüllt werden.

Doch insbesondere das veränderte Ausgehverhalten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen als Folge der Liberalisierung, der Enttraditionalisierung und des wirtschaftlichen Überflusses, verbunden mit dem erweiterten Angebot des öffentlichen Verkehrs, stellt für die Städte gerade an Wochenenden eine grosse Belastung dar. Probleme in den Bereichen Gewalt, Lärm, Littering, Vandalismus und übermässigem Alkoholkonsum lassen die traditionell offenere städtische Gesellschaft zunehmend intolerant reagieren; der Ruf nach restriktiveren Massnahmen wird immer mehrheitsfähiger.

Diese Entwicklung und die markant intensivere Nutzung des öffentlichen Raums verlangen einerseits von der Polizei in urbanen Gebieten, sich sehr rasch den Veränderungen anzupassen und neue Strategien zu entwickeln. Andererseits wird aber auch der Gesetzgeber gefordert sein, sich künftig vorausschauend Gedanken über Nutzung, Wirkung, Notwendigkeit und Berechtigung legislatorischer Erlasse, welche regelmässig die persönlichen Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger einschränken, zu machen.

Die Konferenz der städtischen Polizeidirektorinnen und Polizeidirektoren, unter der Leitung des St.Galler Stadtrats Nino Cozzio, Präsident der KSPD, hat deshalb den diesjährigen Kongress zur urbanen Sicherheit dem Thema «aktuelle Herausforderungen im öffentlichen Raum» gewidmet. Als Einstieg wurden den Teilnehmenden durch Urs Weishaupt, Leiter Fachstelle Kommunikation der Stadt St.Gallen, und seinem Mitarbeiter Roman Kohler die «social medias» als moderne Kommunikationsmittel zur Information und Mobilisation näher gebracht.

Auf diese nahm dann auch Beat Oppliger, Chef Region Ost, Stadtpolizei Zürich, Bezug, als er in seinem Referat die Herausforderungen für die Polizei durch Ereignisse wie die Reclaim-the-Streets-Veranstaltung vom Februar dieses Jahres, aber auch den zunehmenden Anstieg von illegalen Parties in Unterführungen, Parkanlagen oder im Wald mit bis zu mehreren hundert Personen und mobiler Musikanlagen thematisierte. Oppliger betonte, dass die spontane Inanspruchnahme des öffentlichen Grundes jederzeit und überall in verschiedenen Erscheinungsformen möglich sei, was die jederzeitige Verfügbarkeit von polizeilichen Ressourcen bedinge, welche schnell alarmiert und umgehend eingesetzt werden können.

Gesetzgebung auf städtischer Ebene
Nino Cozzio hob aufgrund der generell feststellbaren Tendenz zur restriktiven Gesetzgebung auf städtischer Ebene in den Bereichen Lärm, Littering, Alkoholkonsum, Vandalismus und Gewalt die Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips auch durch den Gesetzgeber hervor. Gerade die kontrovers geführte Diskussion über den öffentlichen Raum und dessen Nutzung zeigen das Spannungsverhältnis zwischen präventiven Massnahmen, die sowohl tatsächlicher als auch legislatorischer Natur sein können, und restriktiver Gesetzgebung auf.

Als Beispiele restriktiver Gesetzgebung auf städtischer Ebene wurden Regelungen zwecks Eindämmung von Gewaltvorkommnissen wie Videoüberwachung und die Einführung von Bewilligungspflicht für grössere Sportveranstaltungen genannt, aber auch ein bereits in mehreren Städten geltendes Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden bzw. auf öffentlichen Plätzen (über die Auswirkung von Rauchverboten auf den öffentlichen Raum am Beispiel der Stadt Lugano referierte Roberto Torrente, Kommandant der Stadtpolizei Lugano und Präsident der SVSP) oder ein Alkoholkonsum- und/oder Alkoholverkaufsverbot (Chur bzw. Genf).

Mit Morella Frutiger Larqué, Déléguée à l’observatoire de la securité de la ville de Lausanne, welche in ihrem Referat die Problematik des Alkoholkonsums im öffentlichen Raum am Beispiel der Stadt Lausanne darlegte, teilt Cozzio die Überzeugung, die Prävention müsse weiterhin einen grossen Raum einnehmen, wenn man nicht Gefahr laufen wolle, zur Sicherung des friedlichen Zusammenlebens die Freiheiten der Menschen durch übermässige restriktive Gesetzgebungsaktivität über Gebühr einzuschränken.

Um die aktuellen Herausforderungen im öffentlichen Raum meistern zu können ist letztlich sowohl auf Prävention und Repression zu setzen. Dies vermochte auch Prof. Dr. Urs Dahinden, Professor für Kommunikations- und Medienwissenschaften und empirische Sozialforschung, Hochschule für Technik und Wirtschaft, Chur, in seinem Referat über die Möglichkeiten von Kampagnen zur Prävention von Littering, Vandalismus und Gewalt im öffentlichen Raum aufzuzeigen.

Grundsätzlich haben sich nämlich Lösungsansätze zur Bekämpfung von Littering, bei denen ausschliesslich Informationskampagnen eingesetzt wurden, als wirkungslos erwiesen. Informationskampagnen sind aber dennoch sinnvoll und wirksam, wenn sie als Begleitmassnahmen von technischen, wirtschaftlichen und repressiven Massnahmen eingesetzt werden.

 

St.GallenSt.Gallen / 16.09.2010 - 11:29:40