Quartierplanung Gringelstrasse
Appenzell ist gefragt und attraktiv. Es hat tiefe Steuern, eine schöne Landschaft, ein intaktes Ortsbild und noch vieles mehr. Durch seine Attraktivität wächst Appenzell und verändert sich zwangsläufig. Altes weicht Neuem, immer mehr Land wird eingezont und verbaut. Ein gewisses Unbehagen macht sich in der Bevölkerung bemerkbar. Dies zeigte sich deutlich bei der Behandlung der Totalrevision des Baugesetzes durch den Grossen Rat. Dieser wies das Gesetz retour mit dem Auftrag, das Baugesetz mehr auf die Appenzeller Baukultur abzustimmen. Es bildete sich eine private Gruppe mit dem Namen «Appenzeller Baugesetz». Mit viel Engagement verlangen diese die Berücksichtigung genau dieser Appenzeller Baukultur und damit die Wahrung der Identität und deren Verankerung im neuem Baugesetz. Was genau diese Baukultur sein und wie sie bewahrt werden soll, darunter verstehen Viele verschiedenes. Dies erst recht, wenn es um das eigene Bauvorhaben geht. Noch schwieriger wird es beim Begriff der Identität.
Zurzeit liegt die Quartierplanung Gringelstrasse öffentlich auf. Was hier geplant wird, geht uns alle an. Wir befinden uns im geschützten und weitgehend intakten Ortsbild. Das Haus «Brüggli» soll abgerissen werden. Die Frage ist nun, was hier neu entstehen soll.
Anstelle des Hauses «Brüggli» sollen zwei viergeschossige Wohn- und Geschäftshäuser sowie eine Tiefgarage mit 300 Parkplätzen erstellt werden. Die Bauten sind schlicht und einfach gestaltet. Die Tiefgarage wird geschickt im gegenüberliegenden Hang gelegt und nach der Bauvollendung wird nicht mehr viel davon sichtbar sein. Der Bedarf nach Parkplätzen und einer Tiefgarage ist nachgewiesen und unbestritten. Das Projekt mag isoliert betrachtet akzeptabel sein, und doch kommt ein Unbehagen auf. Der drohende Verlust der so oft genannten Identität wird hier exemplarisch vorgeführt.
Kommt man von Weissbad in Richtung Dorf, werden wir anstelle des wohlportionierten Hauses «Brüggli» ein viergeschossiges Volumen vor uns haben, das etwa die gleiche Grösse hat wie das naheliegende Schulhaus «Chlos». Wir treffen nicht mehr auf die Hauptfassade eines Gebäudes, sondern auf dessen Rückseite. Das grosse Volumen wird uns die Sicht auf die Kirche versperren. Das Ortsbild wird sich radikal verändern. Diese Bauten könnten irgendwo stehen. der Ort wird beliebig; man könnte genauso gut in Schwamendingen sein. Was zum Teil schon an der Umfahrungsstrasse vorgeführt wurde, droht uns auch hier an der Weissbadstrasse. Das noch weitgehend intakte Ortsbild wird unwiederbringlich zerstört. Appenzell ist nur hier, Schwamendingen ist überall.
Das Haus «Brüggli» ist in seiner Stellung und Volumetrie ein das Ortsbild sehr prägendes Gebäude. Mit der Erstellung der Gringelstrasse in den siebziger Jahren hat das Haus sogar markant an Bedeutung gewonnen. Es ist ein repräsentatives Wohngebäude mit einer schönen Hauptfassade und ein wichtiger Zeuge der Appenzeller Baukultur. Die Bausubstanz ist zudem in einem sehr guten Zustand. Was will man mehr? Hier droht, für jeden nachvollziehbar, der Verlust der Identität.
Dieses Haus mit seiner wichtigen Stellung für das Ortsbild, ist ein Teil des kollektiven kulturellen Erbes von Appenzell. Ein Erbe für uns alle. Die Erhaltung dieses Erbes liegt im Interesse der Allgemeinheit. Appenzell lebt und profitiert von seinem kulturellen Erbe und muss deshalb äusserst behutsam damit umgehen.
Der Heimatschutz St. Gallen / Appenzell kann nicht nachvollziehen, warum dieses markante und schöne Gebäude abgerissen werden kann – und dies im geschützten Ortsbild. Schwer verständlich ist auch, dass der Schutz bei der letzten Revision der Zonenplanung aufgehoben wurde. Die eigene Fachkommission nimmt sogar öffentlich Stellung und wehrt sich gegen den Abbruch. Der Heimatschutz St. Gallen / Appenzell hat gegen diese Quartierplanung Einsprache erhoben und setzt sich vehement für den Erhalt des Hauses «Brüggli» ein.