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1 Jahr WinVita – Rück- und Ausblick

Herisau. Der Laden für Armutsbetroffene wurde vor einem Jahr eröffnet. Erfahrungen zeigen die Kundenbedürfnisse und die Probleme beim Bezug der Waren auf.

Nicht Secondhand-Waren wie im WinWin-Markt werden im WinVita angeboten, sondern Lebensmittel und Frischprodukte, vakuum-verpackte, tiefgekühlte, konservierte Nahrungsmittel, Getränke. Produkte des täglichen Bedarfs wie Putzmittel, Kosmetika, Hygieneartikel, Katzenfutter.

Für 20 Franken die Taschen füllen
Nur – die Waren standen eigentlich nicht im Mittelpunkt der Idee, diesen Laden zu eröffnen. Vielmehr sollen von Armut betroffene Menschen in den Genuss günstiger Einkaufsmöglichkeiten kommen. Es ist nun im WinVita problemlos möglich im Gegenwert von 20 Franken eine Einkaufstasche oder mehr zu füllen. Mit den dadurch erreichten Einsparungen sollen sich die Kunden Anschaffungen leisten können, die sie bisher zurückstellen mussten oder sich eine Freude gönnen.

«Schwellenangst»
Rund 100 Kundinnen und Kunden, vorwiegend aus Herisau, kaufen mehr oder weniger regelmässig im WinVita ein. Die Einkaufsberechtigungskarten haben sie durch das Sozialamt, von Beratungsstellen oder durch die Ausgleichskasse erhalten. Trotz Einkaufsberechtigung finden aber vor allem ältere Leute mit Ergänzungsleistungen und berechtigte Einwohner aus den umliegenden Gemeinden den Weg kaum in den WinVita. Die stündliche Busverbindung und der nahe gelegene Aldi sind offenbar ungenügende Anreize. Nicht auszuschliessen ist wahrscheinlich auch eine gewisse «Schwellenangst».

Zusammenarbeit mit regionalen Firmen
Mit Caritas Schweiz hat WinVita ein Abkommen getroffen, das einen konstanten Angebotsnachschub garantiert. Diese Produkte, wie auch diejenigen von anderen Lieferanten (Produzenten, Händlerinnen) müssen eingekauft werden. Gratislieferungen sind selten. Brot vom Vortag (Bäckerei Frischknecht, Herisau), Früchte, Gemüse und Käse (Molkerei Krönli, Herisau) stammen von hiesigen Lieferanten. Einzelne, in der Regel unregelmässige Kontakte, bestehen zu regionalen Betrieben.

Akquisition erfolglos
Da die Stiftung bisher trotz grosser und wiederholter Anstrengungen enttäuschend wenig Gratislieferungen erhalten hat, beschäftigte WinVita während dreier Monate einen Mitarbeiter. Im Rahmen eines Einsatzprogramms für Arbeitslose nahm er sich ausschliesslich der Akquisition entsprechender Lieferanten und Lieferantinnen an. Der Erfolg war leider sehr mässig. Unterschiedlichste Gründe wurden angeführt, weshalb eine Belieferung nicht in Frage kommt.

Restwaren eher vernichtet als gespendet
Die Tatsache bleibt, dass «überschüssige» aber durchaus frische oder noch unbedenklich konsumierbare Nahrungs- und Lebensmittel in grossem Stil vernichtet, in Bio-Gas-Anlagen oder sonstwie entsorgt, statt sie gratis oder wenigstens günstig direkt oder eben durch WinVita an Bedürftige weitergeben werden. Einrichtungen wie Caritas-Markt oder WinVita können ihren Kunden nicht das ganze Bedarfssortiment regelmässig garantieren, das heisst, diese müssen ohnehin ihre ergänzenden Einkäufe in andern Läden tätigen, vielleicht bevorzugt bei Anbietern, die sie als grosszügige Lieferanten von WinVita er-lebt haben.

Günstiger als Billiganbieter
Zwar weist der WinVita-Laden einzelne «Renner» auf, aber ein gewichtiges Anliegen der Kundschaft ist es, möglichst vieles an einem Ort einkaufen zu können. Und dies erfordert ein entsprechend attraktives Angebot und einen laufenden Ausbau der Produktauswahl. Der Ladenleiterin Jeannette Haas gelingt es, die Gratwanderung bei der Produktauswahl und Preisgestaltung erfolgreich zu bestehen und den Ansprüchen und Interessen der Kundschaft soweit als möglich gerecht zu werden. Ständig gilt es, Preise mit anderen Billiganbietern zu vergleichen und nur Produkte einzukaufen, die noch viel günstiger sind, abzuschätzen, wo es sinnvoll ist, Artikel zwar an Lager zu führen, aber mit Verlust zu verkaufen.

Praktische Erfahrungen für Jugendliche
Die Ladenleiterin bewältigt die anfallenden Aufgaben wie Lagerhaltung, Präsenta-tion und Verkauf sowie das Führen der Kaffee-Ecke zusammen mit jungen Prakti-kanten (Brücke AR), einer Detailhandelsassistentin in zweijähriger Ausbildung sowie bei Bedarf mit einer Aushilfe. Damit bestehen vor allem für junge Leute Möglichkeiten erste praktische Erfahrungen im Berufsleben zu machen, währenddem sie weiter teilweise in der Schule ausgebildet werden.

Kleines Defizit
Die Realisierung des Projekts Win-Vita wurde durch einen grosszügigen Gönnerbeitrag der Vontobel-Stiftung Zürich ermöglicht. Zudem hat die Stiftung Tosam einen insgesamt namhaften Spendenbeitrag von Gönnerinnen und Gönnern erhalten, den sie in Form reduzierter Verkaufspreise vollumfänglich an die Einkaufsberechtigten weitergeben konnte. Mit diesem finanziellen Fundament wird es voraussichtlich gelingen, das erste Geschäftsjahr lediglich mit einem kleinen Defizit abzuschliessen.

Weitere Anstrengungen
Im aktuellen Jahr muss die Stiftung weiter Anstrengungen unternehmen um die Kosten für den Wareneinkauf und die Infrastruktur so tief zu halten beziehungsweise zu senken damit die Kundschaft mit möglichst günstigen Einkaufspreisen den finanziellen Freiraum erhalten.

Unterstützung
Wer dieses Projekt als unterstützenswürdig erachtet, kann dies durch Vermittlung von Waren oder einen Spendenbeitrag auf das PC-Konto 90-5226-7 ausdrücken. Für Fragen im Zusammenhang mit WinVita kann man diese an die Stiftung Tosam, Tel. 071 371 11 73 richten.

Appenzell AusserrhodenAppenzell Ausserrhoden / 13.02.2007 - 10:11:00